Herstellung:
Lisa Bauer verwendet für ihren Wermut immer das Destillat, das sie aus dem Wein, der die Basis dieses Wermuts bildet, brennt. Bevor sie jedoch destillieren kann, muss sie aus den Trauben einen Wein keltern. Sobald die Maische des Uhudlers gärt, ist ein Unterbrechen unmöglich. Lisa erzählt: “Ich habe das vor einigen Jahren versucht und bin kläglich gescheitert. Wenn Uhudler gärt, hat er eine eigene Dynamik. Man merkt bei der Spontangärung, dass andere Hefestämme aktiv sind. Um das zu stoppen, müsste man es in den Tiefkühler geben.” Uhudler vergärt auf 1 Gramm Restzucker runter, und bereits bei der Gärung merkt man den “Fox-Ton”, die berühmte Geruchsnote nach Erdbeeren und Walderdbeeren. Dann ist es wichtig, den Wein sofort von der Hefe zu ziehen und schwungvoll in einen Edelstahltank füllen. Uhudler klärt sich sehr gut. Bei einem 1.000 Liter-Tank hat man ohne Filtration nach vier bis fünf Wochen einen sehr feinen Wein, ohne viele Trübstoffe, erklärt Lisa. Die Kräuter für die Mazeration wählt Lisa in Hinblick auf die typischen Beeren-Aromen des Uhudlers aus. Neben dem bitteren Wermutkraut und Enzianwurzel betonen Süßholzwurzel, Melisse, Orangen- und Holunderblüten sowie Zitronengras die fruchtigen Komponenten des Uhudlers.
Geruch: Walderdbeere, Rose, Zitronenmelisse
Geschmack: Erdbeere, Kirsche, Melone, Zuckerwatte
Abgang: floral, frisch, diskrete Bitterkeit
Zutaten: Wermutkraut, Melisse, Süßholz, Orangenblüten, Holunderblüten, Zitronengras, Zucker, Uhudler
enthält Sulfite
Alkohol: 21,9 &vol.
Inhalt: 0,5 l
Lisa Bauer
(Brennerin, Winzerin aus Fehring, Steiermark)
Lisa Bauer wuchs im oststeirischen Vulkanland als Tochter einer Winzerfamilie auf. Die Familie betreibt eine kleine gemischte Landwirtschaft und einen Buschenschank, jenen für die Region typischen Ausschank für selbst gekelterte Weine und kalte Speisen.
Mit dem Brennen war Lisa Bauer von Kindheit an vertraut, da im elterlichen Betrieb das Obst aus Eigenanbau in einer kleinen 90-Liter-Anlage destilliert wurde.
Ihre Ausbildung erhielt sie zunächst an der Fachschule für Weinbau Silberberg in der Steiermark und schloss an der Bundeslehranstalt für Wein- und Obstbau in Klosterneuburg nahe von Wien mit Abitur sowie Bachelor ab. Neben dem Studium des Weinbaus und der Önologie eignete sich Lisa Bauer umfangreiche Fachkenntnisse über Obstverarbeitung, Einmaischen und Destillation an.
Bei einem Praktikum auf einem mallorquinischen Weingut lernte Lisa Bauer in der angeschlossen Destillerie die Herstellung von Gin. Nach ihrer Ausbildung nahm sie eine Stelle als Destillateurin in einer Großbrennerei an, in der bis zu zwei Millionen Kilo Birnen, Zwetschgen und Marillen im Jahr verarbeitet wurden.
2016 arbeitete sie auf einem Weingut in Casablanca (Chile) und anschließend in einer Bodega in Argentinien. Dort war sie am Aufbau der neuen Brennerei Casa Tapaus beteiligt, destillierte aus Trester des Weinguts Grappa und war verantwortlich für die Entwicklung des ersten Gins.
Ende 2016 kehrte Bauer nach Österreich zurück und gründete ihre eigene Gin-Marke. Sie will, betont sie, „opulente Gins destillieren, die im Gedächtnis bleiben. Viel Wacholder und viele Drogen sollen das komplexe Geschmacksbild prägen.“
Aufgrund exzellenter Ausbildung und zahlreicher Erfahrung ist Lisa Bauer eine präzise Kennerin von Aromen und Kräutern. Sie kreiert ihre Rezepturen wie ein Parfümeur. Im Vorfeld überlegt sie genau, welche Aromen und Drogen sie für eine perfekte Komposition benötigt.
Für das Freimeisterkollektiv enwickelte Lisa Bauer ihren ersten Wermut.
Das Geheimnis der Rabiatperle: Uhudler Wermut im Freimeisterkollektiv
Verbotene Früchte sollen süßer und besser schmecken. Uhudler, ein einzigartiger Wein, der in einer kleinen, österreichischen Region zwischen Südburgenland und Oststeiermark angebaut wird, unterlag immer wieder unterschiedlichen Verboten und Einschränkungen. Auch heute ist dieser Wein, der aus Trauben gekeltert wird, nur erlaubt, weil er offiziell nicht als Wein, sondern als Obstwein gilt. Aus dieser regionalen und zeitweise illegalen Spezialität macht Lisa Bauer für das Freimeisterkollektiv einen Wermut.
Intensive Aromen von Erdbeeren und schwarzen Johannisbeeren prägen den charakteristischen Geschmack des Uhudlers. Die verwendeten Rebsorten sind sehr resistent gegen Reblaus und andere Krankheiten. Aus mehreren Sorten von Direktträgern, die nicht gepfroft bzw. veredelt wurden, wird Uhudler gekeltert. Bei den verwendeten Sorten handelt es sich um Hybride, die aus Kreuzungen zwischen der europäischen Spezies Vitis vinifera mit der nordamerikanischen Vitis labrusca und der Vitis riparia entwickelt wurden. Es ist Vitis labrusca, die dem Wein seinen charakteristischen Erdbeer-Geschmack verleiht. Dieses Aroma wird auch “Fox-Tone” genannt, was lange als eine abwertende Bezeichnung galt.
Von Opfergaben und vergrabenen Kröten
Uhudler stammt aus der Zeit des großen Reblaus-Befalls ab 1860. Die Blattlaus kam in Österreich gegen Ende des 19. Jahrhunderts an. Das Szenarium glich dem Skript eines Horror-Films: In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zerstörte die aus Amerika importierte Reblaus fast alle europäischen Weinstöcke. Ganzen Weinanbaugebieten wurde die ökonomische Basis entzogen, Winzer waren in ihrer Existenz bedroht, innerhalb weniger Jahren reduzierte sich die Weinproduktion auf einen Bruchteil.
Die Verzweiflung war groß und eine Lösung nicht in Sicht. Opfergaben und Gebete für alte Götter oder Kröten, die in der Nähe der verdorbenen Weinstöcke begraben wurden, stellten sich als ebenso erfolglos gegen diese Invasion heraus, wie Kuhurin, pulverisierter Tabak, Walöl oder unzählige andere “Wundermittel”. Sogar der berühmte Wissenschaftler Louis Pasteur wurde vom französischen Landwirtschaftsministerium zum Chef der Reblaus-Kommission berufen. Aber auch er blieb erfolglos.
Nach vielen gescheiterten Versuchen, diese verheerende Pandemie aufzuhalten, importierte man krankheitsresistente, nordamerikanische Reben nach Europa (darunter auch einige, die heute für Uhudler-Weine verwendet werden) und begann, diese zur Weinherstellung zu verwenden. Zu jener Zeit wurden durch zahlreiche Kreuzungen zwischen nordamerikanischen und europäischen Rebsorten hybride Direktträger-Sorten geschaffen. Diese Züchtungsergebnisse jedoch entsprachen in keiner Weise dem in Europa etablierten Geschmack. Erst die bahnbrechende Entdeckung von Jules Émile Planchon, die Reben der europäischen Vitis vinifera auf die Wurzelstöcke amerikanischer Rebenspezies zu pfropfen, die gegen die Reblaus resistent waren, konnte die europäische Weinkultur retten.
Die beliebte Rabiatperle
Nach dem Ende der Reblausinvasion durch das Pfropfen von europäischen Edelreiser auf resistente, amerikanische Unterlagen, gerieten die unliebsamen Direktträger-Sorten in Verruf. Um den Ruf der Weine von nordamerikanischen Reben zu schädigen, wurde behauptet, dass sie einen hohen Gehalt an Methanol enthalten und daher die Gesundheit des Trinkers beeinträchtigen. Als “Rabiatperle” wurde Uhudler bezeichnet, da dieser Wein besonders aggressiv machen soll. Verbote und Einschränkungen beim Anbau und Vertrieb des Uhudlers waren die Folge – und wie so häufig ebenso Grund für die steigende Beliebtheit dieses Weines.
Für Lisa Bauer, die als Winzerin die Uhudler-Weinstöcke ihrer Großmutter pflegt, war es eine besondere Herausforderung, die typische und intensive Erdbeernote dieses säurebetonten Weines in einen harmonischen Wermut zu verwandeln.